Blick in den museum4punkt0-Praxisalltag: Sieben Fragen an das Team des Historischen Museum Saar
Das Teilprojekt bringt das Museum virtuell in die Schule! Wie der Unterricht vom Museum in die Klassenzimmer kommt, verrät uns Markus Thulin.
Das Teilprojekt heißt VIMUKI – Virtuelles Museum für Kinder und Jugendliche – berichtet uns kurz zur Einführung, was Ihr vorhabt!
Unser Ziel ist es, den begleiteten Rundgang auch online zu einem Erlebnis zu machen. Dabei wollen wir den analogen Besuch nicht ersetzen. Der virtuelle Raum bietet aber viele neue Möglichkeiten, und die wollen wir gerne ausschöpfen. Ein Vimuki-Guide wird zum Moderator, wechselt zwischen unterschiedlichen Vermittlungsmethoden und gibt Raum für Fragen und Diskussionen. Dieses Konzept ist nicht nur für Kinder und Jugendliche interessant. Gerade die Vernetzung von Museen und Kulturvermittlern spricht alle Altersgruppen an, überwindet bis dato unüberbrückbar scheinende Distanzen und macht Lust auf den Besuch bekannter und neu entdeckter Ausstellungen.
Wie setzt sich Euer Team zusammen, welche Abteilungen des Museums bindet Ihr wie in den Konzeptions- und Entwicklungsprozess ein?
Im Vimuki-Team arbeiten die klassischen „Museumsleute“ wie Verwaltungskräfte, Pädagogen, Historiker und Archäologen mit den Gestaltern virtueller Räume zusammen. Da ist zum Beispiel unser Comiczeichner Jakob Hinrichs, der den Vimuki-Style entwickelt. Ryan Beck und Sebastian Wagmann stellen als Informatiker und Mediendesigner die Verbindung zwischen Quellcode und Geisteswissenschaft her. Bei den Besprechungen schalten wir Berlin, Bad Münstereifel, Bergisch Gladbach und Saarbrücken zusammen.
Warum habt Ihr das Format einer interaktiven Plattform gewählt? Welche Methoden möchtet Ihr nutzen, in welche Richtung gehen Eure Überlegungen?
Mit Kindern und Jugendlichen kann man inspirierende Gespräche über historische Themen führen, ihre Fragen und Antworten sind wertvoll für eine lebendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Wir sind jedes Mal begeistert darüber, wie schnell und effizient sie sich im virtuellen Raum austauschen. Unsere Aufgabe ist es, die Plattform für diese Interaktivität zu schaffen. Dafür haben wir schon viele Apps, Tools und Gimmicks ausprobiert. Mit Spielen haben wir die besten Erfahrungen gemacht. Sie werden, genauso wie die Live-Tour und ihre inhaltliche Unterfütterung, das Kernstück von Vimuki werden.
Könnt Ihr schon eine konkrete Unterrichtseinheit nennen – welche Objekte wie über die Plattform präsentiert werden sollen bzw. können? Gibt es dafür Auswahlkriterien?
Die ersten Workshops mit Schulklassen haben wir über das zweite deutsche Kaiserreich gemacht, nun arbeiten wir am Themenblock „NS-Zeit“. Mit dem Führungskonzept „Konstruierte Realitäten“ haben wir eine didaktische Grundlage konzipiert, die für die Präsentation der mittelalterlichen Vergangenheit bis in die Zeit der frühen Bundesrepublik angewandt werden sollen. Die Exponate stehen auch im virtuellen Raum im Zentrum jeder Museumstour. Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl ist, dass sie sowohl in den grenzüberschreitenden als auch in den landesgeschichtlichen Kontext passen. Dabei kommt es nicht auf die Menge an. Wichtig für uns ist, dass jedes Ausstellungsstück, welches wir zeigen, vom Publikum am Bildschirm erfasst werden kann. Dafür arbeiten wir zum Beispiel mit 3D-Scans/AR, Erklärvideos, sonstigen digitalen Zusatzmaterialien und einer guten Kameraführung. Wichtig ist auch eine kurze aber prägnante Anmoderation.
Unsere Leser*innen interessiert natürlich besonders, ob und warum Ihr Ideen verworfen habt, gab es zum Beispiel unerwartete Entwicklungen? Berichtet uns von Eurem Entscheidungsprozess!
Zu Beginn der Zusammenarbeit gab es die Überlegung, das Museum vollständig im virtuellen Raum zu reproduzieren. Davon sind wir jedoch schnell abgekommen, denn wir wollen den Besucher:innen zeigen, dass der guide für sie vor Ort ist und damit auch der digitale Besuch exklusiv ist. Letztlich haben wir auch mehr Zeit als ursprünglich geplant, in die Ausschreibungsverfahren gesteckt. Als wir selbst noch nicht wussten, in welche Richtung wir gehen würden, mussten wir präzise Leistungsbeschreibungen aufsetzen, das hat uns zunächst sehr gefordert. Zum Glück stand das Team im ständigen Austausch. Sowohl in unserem kleinen Kreis als auch mit den Softwarefirmen, für die wir uns entschieden haben, planen und reflektieren wir jeden unserer Schritte im Rahmen von Workshops.
Woran arbeitet Ihr selbst gerade konkret und welche sind Eure nächsten Schritte?
Gerade stecken wir mitten in den Vorbereitungen für unsere erste Werkschau, einen online-Workshop. Am 31. August und am 1. September findet er im Rahmen einer werkstatt-Veranstaltung von museum4punkt0 statt. Jedes Mitglied unseres Teams wird seinen Aufgabenbereich präsentieren. Unser Anliegen ist es jedoch, nicht isoliert zu arbeiten. Darum haben wir auch das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven, das Germanische Nationalmuseum Nürnberg, die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und das Deutsche Historische Museum eingeladen, ihre neuen Konzepte für einen analogen oder virtuellen Museumsbesuch vorzustellen. Für diese Kooperationen sind wir sehr dankbar.
Und zum Abschluss noch: Was ratet Ihr Kolleg*innen aus dem Kulturbereich, die ein ähnliches Projekt angehen möchten?
Sie sollten sich nicht nur die Frage stellen, was sie entwickeln wollen, sondern auch warum sie daran arbeiten. Wir haben uns zum Beispiel zu Beginn der Arbeit anhand von sogenannten Personas intensiv mit den Wünschen der Kinder und Jugendlichen beschäftigt, die wir ansprechen möchten. Außerdem ist es wichtig, das Produkt in jedem Entwicklungsstadium zu testen. Sonst arbeitet man in einer Blase und ist überrascht, wenn etwas nicht gut ankommt, an dem man so lange und mit viel Herzblut gearbeitet hat. Die Organisation von Workshops ist langwierig und aufwendig, aber sie geben auch die Möglichkeit, die eigenen Ideen und Konzepte auf den Punkt zu bringen.
Fragen von Mira Hoffmann und Dr. Silke Krohn, Antworten von Markus Thulin