„museum4punkt0 als Raum, um zu experimentieren, zu lernen und die digitale Museumsarbeit zu professionalisieren“
Dr. Ruth Rosenberger, Direktorin für Digitale Dienste der Stiftung Haus der Geschichte freut sich über die Zusammenarbeit als assoziierter Partner.
Ihre Stiftung ist assoziierter Partner von museum4punkt0. Was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit?
Den Austausch unter Museums-Kolleginnen und Kollegen verschiedener Häuser und verschiedener Disziplinen empfinde ich als äußerst gewinnbringend. Als assoziierter Partner von museum4punkt0 erhoffe ich mir gegenseitige Bereicherung und Inspiration, indem wir Erfahrungen und Kenntnisse teilen und gemeinsam Neues erarbeiten. Im Rahmen von museum4punkt0 wurden bereits sehr spannende Projekte entwickelt. Wenn wir genau zuhören, was andere berichten, können wir eigene Fehler vermeiden. Für unser avisiertes Projekt, mit dem wir anhand einer interaktiven Videoinstallation einen neuen, multiperspektivischen Zeitzeugen-basierten Zugang zu Geschichte entwickeln wollen, erhoffen wir uns eine inspirierende Arbeitsumgebung. Wir würden unser Projekt gerne mir einem Partner-Museum verwirklichen, das eine weitere Perspektive der Zeitzeugenarbeit einbringt.
Welche digitalen Angebote können BesucherInnen Ihres Museums / Ihrer Häuser bereits nutzen?
Einige: Einen Service-Roboter mit dem Namen Eva zum Beispiel, der ihnen Objekte in unserer Bonner Dauerausstellung erläutert oder einfach für einen Plausch zur Verfügung steht. Unsere großen Online-Plattformen wie das Zeitzeugenportal und das Lebendige Museum Online sind etablierte Angebote. Und wir sind natürlich auch auf allen gängigen sozialen Medien vertreten.
Nahtlose Übergänge zwischen digitalem und analogem Besuch zu gestalten, ist schon seit längerem erklärtes Ziel unserer digitalen Strategie. Mit der Corona-Pandemie sind für Viele die Vorteile des Digitalen nochmals offensichtlicher erkennbar und stärker nachgefragt worden.
Wie würde Ihre persönliche Visitor Journey rundum Ihr Museum und darin aussehen?
Ich würde mich zum Beispiel durch einen Tweet mit zeithistorischem Inhalt, etwa eine Zeitzeugenstimme zu #einheit30, angesprochen fühlen und darüber zum Zeitzeugenportal und dann auf die Webseite des Hauses der Geschichte gelangen. Dort erkunde ich die vier Museen der Stiftung: das Haus der Geschichte in Bonn, das Zeitgeschichtliche Forum in Leipzig und die Berliner Standorte Tränenpalast und Museum in der Kulturbrauerei.
Da ich spontan beschließe, das Haus der Geschichte in Bonn mit meinem Patenkind zu besuchen, suche ich nach altersgerechten Angeboten. Im Bereich „Lernen“ werde ich fündig und lade mir die Familien-Tour herunter. Die Materialien und der Eintritt sind kostenfrei, sodass wir gleich loslegen können. Gemeinsam entdecken wir die Ausstellung und lösen die Aufgaben der Familien-Tour. Als Belohnung gibt es für uns beide abschließend ein Stück Kuchen im Café und ein Andenken aus dem Museumsshop. Bei Facebook lasse ich nach dem Besuch selbstverständlich eine positive Bewertung zurück und wir posten unser Selfie vor dem Schriftzug „Unsere Geschichte“ auf Instagram.
Welche Erfahrungen und Erkenntnisse hinsichtlich des Nutzungsinteresses digitaler Museumsangebote nehmen Sie mit aus der Zeit notwendiger Einschränkungen des regulären Betriebs?
Um in einer unvorhersehbaren Situation wie der plötzlichen Schließung unserer Museen aufgrund der Corona-Pandemie im Digitalen schnell und flexibel reagieren zu können, braucht es ein eingespieltes, digital kompetentes und kreatives Team. Unter dem Hashtag #ClosedButOpen haben wir auf den Social-Media-Kanälen noch mehr als sonst kommuniziert und damit viel positives Feedback erhalten. Darüber hinaus haben wir als ganz neues Projekt unseren Museumspodcast „Zeitgeschichten(n)“ entwickelt: Jede Woche spricht Moderatorin Meike Rosenplänter darin mit einem oder einer unserer Wissenschaftlerinnen über ein spannendes Objekt aus unserer Dauerausstellung. Für unsere großen Online-Angebote, besonders das Zeitzeugenportal und das „Lebendige Museum Online“, haben wir Zugriffssteigerungen um bis zu 40 Prozent gemessen.
Mit der Wiedereröffnung der Museen im Corona-Modus ist überall zudem die Frage nach kontaktlosen Mediennutzungsszenarien in den Fokus gerückt. Auch hierfür haben wir in den letzten Wochen sehr schnell verschiedene (digitale) Lösungen gefunden und realisiert. Wir beobachten jetzt, wie diese angenommen werden.
Wo sehen Sie Möglichkeiten, Synergien mit anderen Institutionen der deutschen Museumslandschaft zu nutzen? Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die Chancen von museum4punkt0?
Museen und Kultureinrichtungen allgemein müssen sich weiterentwickeln, um auch weiterhin attraktiv zu bleiben. Gerade das Thema Digitalisierung stellt uns vor vielfältige Aufgaben. museum4punkt0 sehe ich als große Chance, uns darauf konzentrieren zu können, für uns jeweils wirklich passende digitale Anwendungen zu entwickeln. Ein großer Vorteil besteht darin, dass wir unter Fachkollegen und Fachkolleginnen neue Projekte schon in der Entwicklungsphase auf den Prüfstand stellen und diskutieren können. Sehr wichtig ist dabei der interdisziplinäre Austausch: Beteiligt sind z.B. Wissenschaftler verschiedenster Fächer, genauso Bildungskolleginnen sowie Entwickler und Medientechniker. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel lassen sich Anwendungen so entwickeln, dass sie nicht nur für ein spezifisches Museum nützlich sind, sondern auch für Anforderungen aus anderen Häusern angepasst werden können und so nachnutzbar sind. Durch solche Synergien muss nicht jedes Museum wieder am Anfang beginnen, sondern kann auf bereits Erreichtem aufbauen. museum4punkt0 ist aus meiner Sicht dann gelungen, wenn es einen Raum bietet, in dem wir gemeinsam experimentieren, lernen und die digitale Museumsarbeit professionalisieren.
Beitrag von: Dr. Ruth Rosenberger