15. Juni 2023
Verbundarbeit, Vermittlungskonzepte, Wissenstransfer

World-Café als Auftakt großer Tagungen

Schnell ins Tun kommen! Das World-Café zu Beginn des museum4punkt0 | finale schaffte eine Atmosphäre des Austauschs und der Vernetzung.

Das Bild zeigt Personen in lockerer Arbeitsatmosphäre an Tischen. Zwei der Personen halten Schilder mit verschiedenfarbigen Punkten hoch.
Die farbigen Punkte führten zum richtigen Tisch, Foto: SPK/photothek.de

Beim museum4punkt0 | finale, unserer Abschlussveranstaltung, lud museum4punkt0 zu einer großen interaktiven Werkschau ein. Die Teilprojekte zeigten ihre Anwendungen und in verschiedenen Workshops teilten sie ihre Erkenntnisse aus sechs Jahren museum4punkt0. Um von Anfang an eine Atmosphäre des Austauschs und der Vernetzung zu schaffen, starteten wir mit einem World-Café. Dieses Format ermöglichte, dass viele Teilnehmende miteinander ins Gespräch kamen, sich kennenlernten und zugleich auch schon thematisch in die vielen verschiedenen Aspekte der digitalen Kulturvermittlung eingeführt wurden. Wir kreierten eine Version des World-Cafés mit drei sehr schnellen Runden für Gruppen mit ca. sieben Teilnehmenden plus Moderation. An neun Tischen wurden verschiedene Fragestellungen zu konzeptionellen, strategischen sowie infrastrukturellen Themen zur digitalen Vermittlung und Transformation erörtert. Die Teilnehmer*innen hatten jeweils 15 Minuten Zeit für ihre Diskussionen, gefolgt von einem Wechsel zu einem neuen Tisch für die nächste Runde. Insgesamt nahm so jede*r Teilnehmer*in in den drei Runden zu je einer Frage aus einem der drei Themengebiete teil. Im Folgenden möchten wir unsere Erfahrungen und Tipps mit euch teilen.

Passende Rahmenbedingungen

Damit die Teilnehmenden und die Moderierenden sich ganz auf die Diskussionen einlassen können, muss der Ablauf gut organisiert sein. Es lohnt sich, folgende Organisationsaspekte zu berücksichtigen:

  • Einteilung der Gruppen durch farbige Klebepunkte an den Namensschildern. Die Farben sollten sich in der Nummerierung der Tischrunden auf den jeweiligen Tischen und zusätzlich auf A3-Blättern, die die Moderator*innen bei jedem Tischwechsel hochhalten, wiederfinden.
  • Gleiche Gruppen über die drei Runden des World-Cafés. Die gleichen Personen sollen über immer neue Themen diskutieren und sich dabei besser kennenlernen.
  • Unterstützung bei der Gruppeneinteilung durch Mitarbeitende, die die Teilnehmenden beim Start und bei den Wechseln zu ihren Tischen weisen.
  • Tische mit Papierbahnen oder Papiertischdecken bekleben, sodass die ganze Fläche beschrieben werden kann, ohne dass etwas verrutscht.
  • Leitfragen, Namen der Moderation sowie Farben der Tischrunden am besten im ansprechenden Layout auf ein A3-Blatt drucken und in der Mitte der Tische befestigen.
  • Genügend dicke und nicht zu helle Stifte in unterschiedlichen Farben bereitlegen, sodass alle Teilnehmenden schreiben können.
  • Den Moderator*innen vorab ein Handout über den Ablauf zusammenstellen.
Das Bild zeigt einen typischen World-Café Tisch. Neben der ausgedruckten Frage "Irgendwas mit digital? Wie finden wir das passende Konzept für unser Haus" sind auf eine Tischdecke Antworten geschrieben.
Die Fragen und „Tischdecken“ regten zur Beteiligung an, Foto: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Robert Rausch, CC BY 4.0

Während der Konzeption des World-Cafés hatten wir viel über die Frage „sitzen oder stehen“ diskutiert, letztendlich haben wir Tische mit und ohne Stühle angeboten und kommen zu dem Schluss: Es kann gut im Stehen gearbeitet werden, doch Stühle können ebenfalls hilfreich sein:

Die Stühle haben die Interaktivität nicht gemindert – eher sogar das „Ankommen“ und „Einlassen“ gefördert – also positiv 😉 – auch für den Moderator, der nach Bedarf einfacher steuern kann, indem er aufsteht.

so Robert Rausch, der das Thema „Alle Kompetenzen nutzen! Wie können wir gemeinschaftliche Gestaltungsprozesse in Museen etablieren?“ moderierte.

In lockerer Arbeitsatmosphäre stehen mehrere Menschen um einen Tisch, der für ein World-Café Format vorbereitet ist, herum.
Im Stehen geht es auch ;), Foto: SPK/photothek.de

Fragen statt vorgegebene Themen

Die zu besprechenden Themen waren gezielt als Fragen formuliert, auf die es nicht eine Antwort, sondern viele gab. Sie forderten die Teilnehmer*innen auf, das Thema aus verschiedenen Winkeln zu betrachten und auch neue Fragen aufzuwerfen, wie zum Beispiel „Testen mit Fokusgruppen?! Ja klar! Aber wie?“, „Irgendwas mit digital? Wie finden wir das passende Konzept für unser Haus?“ und „Das Runde muss ins Kantige! Wie bringen wir New Work Strukturen zusammen?“. Denn das Ziel war es nicht, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, sondern den Austausch zu fördern. Das klappte, die Teilnehmenden diskutierten aktiv mit einander und erzählten dabei auch viel von ihrer eigenen Arbeit:

Am Tisch „Nicht das ganze Rad neu erfinden! Wie können wir Entwicklungen nachnutzen und adaptieren?“ entstanden drei lebhafte Runden. Die Teilnehmenden haben das Thema in all seinen Facetten betrachtet, von Open Source Code über die Workflowdokumentation bis hin zu Mitarbeiter*innenentwicklung. Dabei haben wir auch ein, zumindest für mich, neues geflügeltes Wort kreiert: „Worst Practice“. Denn in allen Runden wurde eine gute Fehlerkultur als äußerst zielführend für das nachhaltige Lernen und Weiterentwickeln gesehen. Neben den spannenden Diskussionen konnten gemäß dem Ziel des World-Cafés Museumskolleg*innen aus Berlin, Brandenburg und ganz Deutschland mit ihren ähnlichen Themen zusammengeführt und mögliche zukünftige Allianzen gestartet werden. Es hat sehr viel Spaß gemacht zu sehen, wie die Teilnehmer*innen im Gespräch ganz natürlich zueinander fanden.

so Sandro Schwarz aus dem Moderationsteam.

Das Bild zeigt Personen, die während eines World-Café Formates um einen Tisch Brainstormen und die Ergebnisse niederschreiben.
Die vielen Farben spiegeln die Vielstimmigkeit, Foto: SPK/photothek.de

Um rege Diskussionen zu erreichen, können die Fragen auch etwas provozierend gestellt werden, wie am Tisch „Zielgruppe alle!? Wie können wir digitale Vermittlungsmedien für ein breites Publikum konzipieren?“, den Amalka Herrmann und Mario Alves moderierten:

An unserem Tisch wurde viel darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, digitale Vermittlungsangebote für ein möglichst breites Publikum zu konzipieren. Einige der Teilnehmer*innen haben die Erfahrung gemacht, dass Angebote für eine definierte Zielgruppe besser funktionieren. Museen, die noch keine Erfahrungen mit digitalen Vermittlungsmedien gemacht haben, hatten Schwierigkeiten, eine Zielgruppe und den Content zu definieren. Diesbezüglich wurden verschiedene Herangehensweisen besprochen.

Ein lockerer Arbeitsatmosphäre sitzen mehrere Personen im Berliner Kulturforum um Tische herum.
An neun Tischen wurde rege diskutiert, Foto: SPK/photothek.de

Auf die Moderation kommt es an

Die Moderator*innen müssen keine absolute Expertin*innen des Themas sein, denn sie wollen ja moderieren und nicht referieren. Jedoch ist es hilfreich, wenn sie sich in den Themen auskennen, um Hinweise zu geben, welche Aspekte noch beleuchtet werden könnten. Unsere Moderator*innen waren Mitarbeitende in Teilprojekten von museum4punkt0 und moderierten jeweils Fragestellungen, die sie in ihrer Arbeit selbst länger begleitet hatten. Die Rolle der Moderation ist entscheidend für eine gewinnbringende Diskussion. Sie führt die Gesprächsrunde und stellt sicher, dass alle Teilnehmenden zu Wort kommen und sich in einer wertschätzenden Atmosphäre beteiligen können. Die Moderation kann die Gruppe auch dazu anregen, ihre Gedanken und Ideen schriftlich festzuhalten. Bei Bedarf kann die Moderation beim Clustern der Ideen helfen und weitere Aspekte in die Diskussion einbringen, wenn diese ins Stocken gerät. Folgende Aspekte können helfen, um schnell in die Diskussion zu kommen:

  • Kurze Vorstellung der Moderation der eigenen Person und der Fragestellung.
  • Wertschätzende Klärung, ob alle die Fragestellung verstanden haben, ggf. Erläuterung der Fragestellung.
  • Bei diesen kurzen Runden sollte auf eine Vorstellungsrunde verzichtet werden, dafür kann sich die Person, die gerade spricht beim jeweils ersten Mal pro Tisch kurz mit Namen, Organisation und Funktion vorstellen.
Während eines World-Cafés schreibt eine Teilnehmerin mit freudiger Miene etwas auf einen Tisch.
Mit Engagement dabei, Foto: SPK/photothek.de

Wechsel der Tische und der Perspektiven

Der Wechsel der Tische ist ein Kernelement des World-Cafés. Dieser führt dazu, dass die Fragestellungen immer wieder neu betrachtet werden. Die nachkommenden Gruppen profitieren von der Vorarbeit, die auf den „Tischdecken“ zu sehen ist und die die Moderation zu Beginn jeder neuen Runde kurz zusammenfasst.

Je nach Zusammensetzung der Gruppe bekam die Diskussion eine andere Dynamik.

Norman Mähler, der den Tisch „Strategie statt Hype! Wie können wir Entwicklungsprozesse zur langfristigen digitalen Transformation nutzen?“ moderierte.

Ich fand das World-Café das beste Format. Es war auch für mich als „Tischdame“ interessant, die unterschiedlichen Gruppen zu treffen, die jedes Mal einen neuen Input gebracht haben. Es haben sich anregende Gespräche entwickelt – teils berichteten die Teilnehmer*innen bereits aus Erfahrung, teils hatten sie noch digitale Projekte vor sich und befanden sich selbst noch in der Ideenfindungs- oder Planungsphase.

so Vera Jovic Burger, die Gastgeberin des Tischs „Heute schon an morgen denken! Wie können wir strategisch Folgekosten im Blick behalten?“ war.

Fazit

Das World-Café eignet sich hervorragend um große Veranstaltungen zu beginnen und die Teilnehmer*innen miteinander in Kontakt zu bringen. Das Format bot die Möglichkeit, viele Menschen kennenzulernen und sich auszutauschen. Statt einer üblichen Sichtung der Ergebnisse mit allen, hatten wir uns dafür entschieden, die „Tischdecken“ bis nach dem Mittagessen liegen zu lassen, so dass alle nochmals schauen konnten, was in den anderen Runden herauskam. Das wurde gerne genutzt. Besonders schön zu beobachten war es, wie sich die Teilnehmer*innen über die farbigen Punkte an den Namensschildern wiederfanden bzw. diese als Gesprächsöffner nutzen. Die Frage nach der Gruppe des Gegenübers führte häufig zum Austausch über Aspekte der jeweiligen Fragestellung. Auch durch das Feedback der Moderator*innen und ihre Zitate hier im Text sehen wir das anregende Potenzial des Formats bestätigt.

Beitrag von: Dr. Silke Krohn

Teilprojekt: Zentrale wissenschaftliche Projektsteuerung
Teilprojekt

Zentrale wissenschaftliche Projektsteuerung

Das museum4punkt0-Team der Stiftung Preußischer Kulturbesitz steuert das Verbundprojekt, kommuniziert die Projektarbeit, organisiert den Erfahrungsaustausch, teilt Wissen im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen und stellt die Projektergebnisse bereit.

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